M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

9. Faste:

Wird dir das fleisch zu starck / vnd suchet an zutasten
Den fast=zu schwachen geist: wenn geiler übermuth
Bestreitet vnd bestürmt dein faules fleisch vnd bluth /
Wenn der begierden heer nicht ruhen läst vnd rasten
Dein hertzenloses hertz’: als wollust aus dem kasten /
(Den die vernunft bewacht vnd halten sol in hut)
Sich ausgebrochen hat / so deücht mich / ist es gut /
Daß du dich männlich weer’st mit beten vnd mit fasten.
Mit fasten nimmet man der lust den proviant /
Der lust / der bösen lust / die / mehr als gut / bekant.
Mit beten schläget man den feind des geistes nieder:
Die stete mäßigkeit ist dieses feindes grab:
Läst du jhm zeit vnd raum / er siht den vortheil ab:
Nim deiner schantzen war: wo nicht; er kömmet wieder.

10. Bete:

Wer der mahl eins gedenckt / für Gottes thron zu treten:
Wem Gott das hertze sol mit gnaden öl’ vnd wein /
Erweichen / welches ist verhärtet als ein stein:
Wer sünd’ vnd laster wil / die tief in jhm durch steten
Brauch eingewürtzelt seyn / aus seinem hertzen gehten:
Wer für des Satans list wil frey vnd sicher seyn /
Vnd wen nicht treffen sol der höllen schwere pein:
Der muss ohn’ vnterlaß im geist’ vnd warheit beten.
Drumb wenn du beten wilt / so sey dein sinn gerichtt
Auf nichts als nur auf Gott: vnd was die zunge spricht
Das red’ ein fewrig hertz’ es müssen die gedancken
(Wenn du recht beten wilt / vnd Gott dich hören soll)
Seyn aller bosheit lär / ja geist vnd glaubens voll /
Mit zuversicht erfüllt / mit hoffnung / ohne wancken.

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