M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

39. Sey freundlich:

Ein freundlich wort mit freundlichen gebärden
Erweichet offt des harten feindes sinn /
Ein freundlich hertz’ hat seinen anbeginn
Vom himmel her / vnd wird geliebt auf erden.
Ein mensche / der den vngezämten pferden
Sich änlich stellt / hat alle gonst schon hin /
Man wil sein nicht / das hat er zu gewinn.
Wer freundlich ist / wird reich an freunden werden.
Die freundlichkeit sol jeder an sich haben
Wer Christi ist / als eine von den gaben
Die Gottes geist den gläubigen ertheilt.
Wer freundlich ist / kan freund’ aus feinden machen.
Mit freundlichkeit verträgt man schweere sachen
Mit freundlichkeit wird alter hass geheilt.

40. Liebe gerechtigkeit:

Wer Christo dient / vnd sein getrewer knecht ist /
Der liebt vnd thut / was jhn der herre heist /
Er hasst vnd läst was jhm ’s gesetz verweist
So viel er kan: er macht nicht krum / was schlecht ist.
Er bilget nichts / als nur was gut vnd recht ist /
Er lobet nichts / als was die warheit preist /
Siht er / daß wer des vnrechts sich befleisst /
So redt er drümb / vnd weist / wo’s recht geschwächt ist.
Drümb lobst du recht so=lieb’ vnd thue es auch
Gerechtigkeit bestehet durch gebrauch
Vnd in der that / sie führt einn Christen wandel /
Gerechtigkeit läst jederman in ruh:
Gerechtigkeit theilt jedem sein theil zu:
Gerechtigkeit vervortheilt nicht im handel.

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