M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

63. Stiel nicht:

Wer hie nach ehren trachtt / der muss nach tugend streben /
Vnd wer nach tugend strebt / der höret / liebt vnd thut
Was jhn die tugend lehrt / er fasst jhm einen muth /
Mit aller ehrbarkeit / wie sich ’s gebiert zu leben.
Wer ehrlich leben wil / läst nicht die hände kleben /
Er bringt auch nicht mit list / des näh’sten schweiß vnd blut /
Wie mancher thut / an sich / sein arbeit thut jhm gut /
Vnd gibt jhm / daß er auch dem dörftigen kan geben.
Nichts wird in aller welt so tewr’ erkauft als eben
Daß was gestohlen wird. Es kostet leib vnd leben
Es kostet seel’ vnd geist / es kostet ehr’ vnd gut.
Drumb nim / was dir GOtt gibt / vnd lass der welt / was jhr ist
Gott lässt die seinen nicht / thu nur / soviel an dir ist /
Als einer / der mit lust / nach Gottes willen thut.

64. Sey nicht falsch:

Wo warer glaube lebt / da läst sich liebe schawen /
Wo lieb im hertzen ist / da ist kein falscher schein /
Wo schein vnd falschheit ist / da kan nicht liebe seyn.
Wo keine lieb’ erscheint / da mangelt’s auch am glauben
Wie kan ein falsches hertz’ auf seinen schöpfer bawen
Den es verlassen hat? mir wil es nicht wol ein /
Daß einig falsches hertz’ entgeh’ der höllen pein:
Die falschheit kan ja nicht der warheit sich vertrawen.
Wo seele / hertz’ vnd mund nicht stimmet überein /
Da ist der glaube todt / da kan nicht trewe seyn:
Da lebt die sünde noch / da lebt das fleisch der sünde /
Wo’s fleisch der sünde lebt / da ist der geist schon todt /
Wo der getödtet ist / da steht die seel in noth.
Drumb sihe / daß dich nicht der Herr in falscheit finde.

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