M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

67. Besuche die krancken:

Der Christ’ ist glaubens=kranck / der Christum / wenn er kranck ist
(An denen die alhier sein’ arme glieder seyn)
Aus Stoltz vnd faulheit nit besucht: er ist ein harter stein /
Den nichts bewegen kan / in dem noch witz noch danck ist.
Wem Christus dieser weis’ alhie nur mist vnd stanck ist /
Den achtt er dort für stanck / wie recht. Denn solch ein schwein
Gehört nicht in die stat / die droben ist / mit ein
Da Christus ewiglich der seinen speis’ vnd tranck ist.
Drumb weh dem / der allhie / den Gott besucht / versucht
Sein hertz’ ist glaubens lär / drumb wird er dort verflucht
Er wird an jenem tag’ ein schweeres vrtheil hören.
Vnd wol dem der alhier einn armen krancken pflegt.
Gott hört jhn / wenn er ruft / vnd wird alsbald bewegt
Sein freundlich angesicht’ vnd güt’ jhm zuzukehren.

68. Tröste die elenden:

Wenn Gott dich hat getröstt / so tröst’ einn andern wieder /
Mit solchem trost’ / als du von Gott getröstet bist /
So thust du / was Gott wil / so thust du als ein Christ’
An dem der trosts bedarf. Wir seind in Christo brüder.
Drumb ist es wolgethan / daß vnter vns ein jeder
Des andern schwachheit trägt / so viel jhm möglich ist /
Auf daß des trawrens last mit samt des Satans list
Vns hertze seel’ vnd muth nit dämpf’ vnd drücke nieder.
Wer andre gerne tröstt / dem wird in seiner noth
Gott wieder tröstlich seyn / vnd jhm das thränenbrodt
Mit seines geistes trost’ entherben vnd versüssen.
Gott lässt nichts vnbelohnt. Was man dem nähsten thut /
Des nimmet er sich an / vnd lässt von seinem gut’
Vns solches wiederumb mit frewd’ vnd trost geniessen.

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