M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

71. Träncke die dürstigen:

Sol Gott mit seinem geist dein dürres hertze lencken /
Dahin / wo öl vnd milch fast überflüßig seyn;
Sol er dein trawrend’ hertz’ in seinem frewden wein
Gleich wie mit einem strom in warer wollust träncken.
Sol Gott im tode dir vom lebenswasser schenken;
Sol der / der nicht ein trunck lässt vnbelohnet seyn /
Vnd wenn ’s gleich wasser wär’ in dein matt hertz hinnein
Sich / wie du denn begehrst / mit seinem geiste lencken.
Wilt du mit frewdigkeit für das gerichte gehn /
Wenn Christus richten wird? wilt du zur rechten stehn?
Sol dich zur selben zeit nicht dein gewissen träncken /
Sol dir des Herren lob; sol dir sein kommet her
Auch mit erfrewlich seyn / vnd füllen dein begehr /
So must du / den da durst zu träncken auch gedencken.

72. Herberge die frembden:

Wilt du / wenn Christus dort wird lohnen /
Das hauß der frewd’ vnd seeligkeit /
Welchs er den seinen hat bereitt /
Mit jhm in ewigkeit bewohnen:
Wilt du den preiß der ehren=kronen /
Wenn Gott in ’s hauß der sterblichkeit
Verstösset die verderblichkeit:
Wilt du daß Gott sol deiner schonen:
Vnd siehest die / so Gott vertrawen /
Daß elend’ in der frembde bawen /
So lass sie bey dir ein vnd aus.
Ein hauß / das armen offen stehet /
Ein hauß /da der vertrieb’n ein gehet /
Das ist ein recht gesegnet hauß.

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