M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

75. Förchte dich nicht für der peste:

Was förchtst du doch die pest’ in diesem sünden=neste
Des leibes / der da nichts als erden ist vnd koth.
Forcht ist der peste bests vnd schmackhaftigstes=brodt
Forcht öffnet thor vnd thür der dir gefürchtten peste.
Wir sein in dieser welt nur wandersleüt’ vnd gäste
Vnd müssen endlich fort. Forcht mehrt gefahr vnnd noth /
Wer nun in forchten lebt / ist lebendig schon todt /
Ein Christe förchtt sich nicht. Der glaube ist seine veste.
Der pestilentzen gift / des todes pfeil vnd wüten /
Wirb dem kein schaden thun / den Christus wil behüten /
Der höllen pestilenz des todes tod vnd gift.
Wer seinem Gotte lebt / den wird kein tod verderben.
Drumb sey viel mehr getrost / vnd schicke dich zum sterben.
Es bleibe / wer da bleibt / es treffe / wen es trift.

76. Ehre die alten:

Wer ehr’ vnd lob jhm suchet zu vermehren
Mit ehre vnd lob: wer seine junge jahr’
Vnd wolfart nicht wil setzen in gefahr:
Der lasse sich die alten tugend lehren.
Von alten kan die jugend gutes hören /
erfahrung’ ist die grund=vest’ jhrer iahr.
Die weißheit liebt ein tugend=grawes har.
Drumb sol man sie für andern billich ehren.
Ein alter hat die wege schon gegangen
Vor welchen jhr die jugend noch lässt bangen.
Das alter ist was jugend werden kan.
Drumb / wer verhofft (so Gott wil) alt zu werden /
Der sey nicht gleich den vngezämten pferden.
Er liebe zucht / so wird aus jhm ein mann.

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