M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

83. Sey nicht leckerhaftig:

Wie wässert dir der mund nach leckerhafter speise /
Die doch der seelen nicht für jhren hunger gilt /
Ein Christe sey vergnügt / wenn er denn hunger stillt
Jn dieser wanderschaft vnd arbeitsamen reise.
Ein leckeriges maul hat auf der wollust eise
Der seelen heil gestellt. wer seinen leib nur füllt /
Vnd läst die seele lär / der wirfft das ebenbild
Des herren hinter sich / welchs nicht der Christen weise.
Der beste dranck ist stanck / die beste speis’ ist eis /
Dem der von Christo nicht (der seelen speise) weiss.
Die seele nagt der tod / den leib die würm vnd maden.
Gott speist die seinen offt alhie nur gerstenbrodt
Wol dem / der nimmt für lieb / jhm wird der ander todt
(Wo Christus in jhm lebt) in ewigkeit nicht schaden.

84. Sey reinlich:

Wer rein in worten ist / der sey auch rein im hertzen /
Wer rein’ im hertzen ist / der sey in worten rein /
Wer rein in worten ist / sol rein in wercken sein:
Wer nur zum schein rein’ ist / dem ist die tugend schertzen /
Die reinigkeit entzündt der reinen liebe kertzen /
Sie ist ein schönes kleid vnd steht eim jeden fein /
Sie ist des kleides kleid / vnd giebet jhm den schein /
Des leibes reinigkeit entgehet manchen schmertzen.
O werthe reinigkeit / du trewe freundschaft=amme /
Du meiste sitten=zier / du tewre liebesflamme /
Wol dem der dich beliebt / vnd nach gebür dich ehrt;
Du bist die schönste pracht / der schönste schmuck der jugend /
Der schönheit höchster preis / die pflegerin der tugend /
Der wollust reine luft / die niemand nicht verkeert.

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