M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

95. Stirb deinen sünden ab:

Der stirbt einn doppeln tod / der an der erden klebet /
Gleich wie das tumme vieh / vnd nicht eins recht bedenckt /
Wo durch / wenn hie sein leib in d’ erde wird versenckt /
Sein’ arme seele dort mit Gott im himmel lebet.
Der aber lebet wol / des geist im himmel schwebet /
Weil er auf erden ist: der sich gen himmel lenckt /
Wenn er der sünd’ abstirbt / so lang’ jhn sünde tränckt /
Der nach der seelen heil durch leibes vnfall strebet.
Drümb mensche / lebe dem / der dir zum leben gab
Sein leben in den tod / vnd seinen leib in ’s grab /
So lange du noch hier im todes leben schwebest /
Vergiss des todes nicht / denck’ immer an das grab
Vnd stirb / eh du noch stirbst / den eitelkeiten ab /
Daß du nach diesem tod’ in jenem leben lebest.

96. Sey bereit zu sterben / wenn Gott wil

Wer seinen Gottesdienst nach Gottes wort bestellt
Vnd wer mit höchstem fleiß nach jenem leben strebet /
Wer / wie ein Christe sol / nach Gottes willen lebet /
Vnd wer so lang’ er lebt / des Herren wege hält /
Der liebt / was göttlich ist vnd hasset diese welt /
Vnd weil sein hertze nicht an eitelkeiten klebet /
Als welchs am himmel schon durch waren glauben schwebet /
So macht er sich bereit zu gehn / wenn ’s Gott gefällt
Den weg der ewigkeit. Er weiss wol daß sein leben
Jn seiner macht nicht ist. Vnd weil ’s jhm Gott gegeben /
So weiss er auch / das er ’s jhm selbst nicht nehmen sol.
Drumb / so du durch den tod das leben wilt ererben
So lebe / wie du solt / vnd warte mit dem sterben.
Bis daß es Gott gefällt / so stirbst du recht vnd wol.

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