M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

41. Treibe nicht schinderey:

Wie kanst du dich der vnthat vnterwinden /
Daß du mit list ( welchs doch kein Jude thut /
Kein Türck’ auch nicht / auß forcht der höllen gluth)
Dich vnternimmst den nähesten zu schinden?
Du kömmest fort / dein näh’ster bleibt dahinden /
Du raubest jhm / wenn du jhm leihst sein gut /
Dein wucher frisst jhm ehre fleisch vnd bluth /
Du bluthund du! Gott wird dich wieder finden.
Du führest zwar den nahmen eines Christen
Vnd prangst damit / vnd läst dich doch gelüsten
O heucheler / des nähesten sauren schweiss.
Ein Christe gibt vnd leiht dem andern gerne /
Jn seiner noth / solch schinden bleibet ferne
Von deme / der da was ein Christ’ ist weiss.

42. Halt dich nicht selbst für klug:

Was bildest du dir ein / du habst die konst gefressen /
Vnd was nur weißheit ist / du lärer wasserkrug /
Vnd bist nach deinem wan / sehr weis’ vnnd trefflich klug /
Vnd hast doch wol von konst / so viel als nichts vergessen
Der näheste weiss nichts / dich hat die konst besessen /
Der stoltze geist / mein’ ich: konst ist dein’ eg’ vnd pflug /
Auf konst verlässt du dich / die mag doch wohl mit fug
Nur donst genennet seyn. Wie bist du so vermessen?
Dein wissen ist nur wind / vnd alle deine könste /
Wenn du nicht Christum hast / seyn lauter blawe dönste
Denn ohne seinen geist ist klug seyn nur betrug.
Was hilft dich dein verstand / wenn du bey deinen wissen
(Woran fast alles ligt) nicht hast ein rein gewissen?
Wer Christum wol gelernt / der ist gelehrt genug.

<< zurück | weiter >>