M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

99. Suche was droben im himmel ist.

Das leben ohne tod / die frewd’ ohn alles leiden /
Die lust ohn’ alle last / die freundschaft ohne list /
Die ehr’ ohn’ eitelkeit / die weisheit ohne zwist /
Die schönheit ohne brunst / das lieben ohne scheiden /
Der reichtumb ohne ziel / die wolfart ohne neiden /
Die höchste ergötzlichkeit / die in Gott selber ist /
Der ort / wo man der sünd’ in ewigkeit vergisst /
Der port der seeligkeit / der ort der stäten frewden
Entzieh’ der welt dein hertz’ vnd mache dich bereit /
Daß du mit höchstem fleiss in dieser sterblichkeit /
Der vnsterblichen kron’ im himmel mögest finden.
Wen aber dieses nicht den herrn zu lieben zwingt /
Daß er im Geist hinauf zu Gott in’n himmel dringt /
Weil er auf erden ist / der bleibt in seinen sünden.

100. Gedenck an die hölle:

Jn ewigkeit mit schand’ vnd spott sich kleiden /
Jn ewigkeit nicht wissen aus noch ein /
Jn ewigkeit vermeiden liechtes schein /
Jn ewigkeit den wurm des hertzens weiden /
Jn ewigkeit des Herren antlitz meiden /
Jn ewigkeit erfahren höllen pein /
Jn ewigkeit von Gott verstossen seyn /
Jn ewigkeit die gröste marter leiden
Jst mehr als daß es menschen können fassen.
Drumb wilt du nicht daß dich Gott soll verlassen /
So lass jhn nicht / sonst ist es bald geschehn /
Bitt jhn vielmehr / daß er dir wolle geben /
Durch seinen geist mit fleiß darnach zustreben /
Wo durch man kan der höllen pein entgehn.

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