M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

5. Liebe.

Wer viel geliebet hat / dem wird auch viel vergeben /
Denn liebe decket auch der sünden menge zu:
Sie füllet das gesetz’ vnd gibt dem hertzen ruh:
Lieb’ ist des weinstocks saft / an welchem wir als reben
Voll süsser fruchtbarkeit durch vesten glauben kleben
Vnd bleiben ewiglich / an dem wir hangen nu:
Welch’ vngewitter ist wol das uns schaden thu?
Gott wartet vnser selbst / vnd gibt vns saft zu leben.
O liebe / höchstes gut / du bist das süsse band /
Das vns mit Gott verbindt: du bist des geistes pfand /
Ja selber Gott vnd geist: durch dich kann man erkennen
Wer Christi jünger ist: die ware brüderschafft
Des nähsten ligt an dir: durch dein’ vnnd glaubens kraft /
Lässt sich der liebe Gott einn lieben vater nennen!

6. Gleübe.

Sol dich Gott reinigen von allen deinen sünden /
Damit du bist beschmutzt; sol er an kindes stat
Dich auf zu nehmen / seyn / wie er versprochen hat /
Vnd sol sein guter geist sich in dein hertze finden:
Sol er dein kaltes hertz’ in heisser lieb’ entzünden /
Sol er dich mit genad’ vnd güte machen satt /
Sol er dich / der du sonst zum streiten träg’ vnd matt /
Ermuntern / daß du die welt mögst überwinden /
So musst du / wie du solt (durch einen waren glauben /
Dem alles möglich ist / der alles überwindt /
Der allezeit bey Gott / was er nur suchet / findt /)
Mit höchster zuversicht dich jhm allein vertrawen /
Du must jhm nach d’ schrift / ohn’ allen falschen schein
Der stoltzen heucheley / trew’ vnd gehorsam seyn.

<< zurück | weiter >>