M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

15. Sey nicht rachgierig.

Dien’st du dem herren alhier in seinen zelten /
Vnd wiederfährt dir schad’ vnd vngemach /
So dulde dich / es ist des herren schmach /
Vnd zörne nicht. Des menschen zorn thut selten /
Was Gott behagt / wer lästern wil vnd schelten /
Wenn man jhn schmäht / vnd ist zur rache jach /
Der folget nicht dem herren Christo nach /
Die rach’ ist sein / er kan vnd wil vergelten.
Du wilt / Gott sol dich quit vnd ledig sprechen /
Du bittest jhn / er wolle deine schuld
Vnd missethat vertragen mit gedult /
Vnd du begeerst nicht deinen muth zu brechen.
Wer rache sucht / den hat der zorn verführt.
Rach’ ist ein werck / das Gott allein gebiert.

16. Lass dir genügen.

Geitz ist ein schändlich ding: geitz lehrt den menschen lügen:
Geitz ist der dieberey vnd aller schalkheit voll:
Geitz thut nicht / als ein Christ an Gott vnd menschen sol:
Geitz stiftet zanck vnd mord: geitz heisst die fürsten kriegen:
Geitz macht des näh’sten noth vnd läst jhn drinne liegen:
Geitz macht den menschen stolz frech / gottloß / wild vnd toll /
Vnd thut jm selbst kein gut: geitz ist des teufels zoll:
Darumb wer witzig ist / der lässet jhm genügen.
Wer jhm genügen läst / der ist vnd bleibet reich;
Der reichste geitz=hals ist jhm nicht ringsten gleich
Jhm ist am überfluss’ vnd reichtum nicht gelegen:
Der geitz ent=menscht jhn nicht: er wacht vnd schläfft mit ruh:
Er bringet seine jahr’ in stiller freyheit zu
Er schmäckt bis in den tod den reichen Gottes segen.

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