Treugedichte

1. Treugedichte

Übersicht | Anordnung | Formen | Sprache und Syntax | Stilmittel und lyrischer Ausdruck

1.1 Übersicht

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1.2 Anordnung

Bei den Treugedichten handelt es sich um eine Sammlung. Sie enthält 88 Einzelgedichte, die allerdings teilweise zusammenhängen; einigen Hochzeiten sind mehrere Gedichte zugeordnet, einige Gedichte sind auch Kompositionen. Die oben durchgeführte Gliederung ist nicht zwingend, bietet sich aber an.

Wie es scheint, hat Plavius nur teilweise nach chronologischen Gesichtspunkten geordnet. Mit Hilfe der Danziger Kirchenbücher ist es Sartor gelungen, zumindest einen Teil der Epithalamien und Epitaphe zu datieren1:

Tr. 2. - 27. Nov. 1625 (Angabe des Plavius).
Fr. 19. - 4. März 1626.
Tr. 3. - 24. Sept. 1626.
Fr. 8,9. - 21. Nov. 1626.
Fr. 10 - 1. März 1627
Fr. 12 - 4. März 1627.
Fr. 33 - 31. April 1627. [unmögliche Angabe]
Fr. 20. - 3. Mai 1627.
Fr. 26. - 21. Juni 1627.
Fr. 31. - 12. Juli 1627.
Fr. 34. - 27. Juli 1627.
Fr. 37. - 2. August 1627 (unsicher)
Fr. 27. - 19. Oktob. 1627.
Tr. 6. - 4. Nov. 1627.
Tr. 5. - 11. Dez. 1627.
Fr. 42. - 7. Febr. 1628.
Tr. 9. - 18. März 1628.
Fr. 52. - (15 ?) Mai 1628.
Tr. 7. - 9. Nov. 1628 (im Totenbuch: Reinhold Kleinfeld, bei Plavius:  Reinhold Kleefeld)
Fr. 45. - 3. Dez. 1628.
Tr. 16. - 1628 (nach Plavius)
Fr. 56. - 11. Januar 1629
Tr. 26, - 21-23. Februar 1629
Tr. 19. - 17. Sept. 1629.
Tr. 16,17 - 26. Oktober 1629 (bestattet 30. Oktober 1629, Angabe nach Plavius)

Voraussetzung für eine Datierung ist, dass sich einzelne Epithalamien oder Epitaphe überhaupt einer bestimmten Person zuordnen lassen. Nicht immer dichtet Plavius personenbezogen. Der Drähe=tantz (10.2) und wenig später sein berühmtes Anapestico-jambicum: (10.5) enthalten beispielsweise keinerlei Bezüge zu den zuletzt genannten Brautleuten Augustin Clüppel und Dorothea Schulze. Daraus kann man schließen, dass Plavius bisweilen auf Vorrat dichtete2. Nicht datieren lassen sich auch die kurzen Epigramme gegen Ende der Treugedichte (44.1-44.5).

Sofern Plavius nicht vorrangig chronologisch reihte, könnte man als nächstes annehmen, dass er thematisch oder dynastisch vorging. Gegen eine dynastische Vorgehensweise (also eine Gliederung nach den Familien der Auftraggeber) kann man einwenden, dass Plavius beispielsweise die Gedichte an J. G. Moeresius aufgeteilt hat: Die Gedichte, welche die Hochzeit des Moeresius3 betreffen, finden sich in 7.1 und 7.2, der Bindebrief an ihn aber erst wieder in 43.1-2, kurz vor denen an seine "Braut". Daher muss man annehmen, dass Plavius thematische Gesichtspunkte zuerst berücksichtigte.

Die Treugedichte setzen ein mit dem Epithalamium an Jacques Doublee. Das Epithalamium beruht fast vollständig auf dem Wortspiel Doublee - duppelt (doppelt). Inhaltlich thematisiert es das Topos der Zweisamkeit, angefangen mit dem alten Sprichwort "doppelt genäht hält besser":

Es wil / herr bräutigam / nach sprichworts=laut itzt heissen:
Was duppelt ist / wird man so leichte nicht zerreissen /
Als wenn es einfach ist. Was duppelt ist / hält aus.

Dann begründet der Sprecher die Zweisamkeit aus der Schöpfungsgeschichte. Daraus wird der Ehestand abgeleitet und als gottgewollt begründet. Es folgt ein größeres Lob auf den Ehestand, der gegen Ende schließlich wieder das ursprüngliche Wortspiel aufgreift:

So wünsch ich euch von Gott ein lang=gesundes leben /
Vnd duppelt alle das / wo nach man hat zu streben
Mit ehren in der eh; mit frewden ohne leid;
Mit wollust ohne list; mit lieben ohne neid:
Duplierte frewd' vnd lust / dupliert; in schmertz vnnd schertzen
Vereinte lieb' vnd trew' in vest=duplierten hertzen /
Vereint vnd stets dupliert / dupliert vnd stets vereint /
Was man in einigkeit von Gott zu wünschen meint:
So wünsch' ich euch von Gott einn reichen duppel=segen /
Auff ewer duppel=land einn duppel=fruchtbarn regen
Duplierte frülings=krafft / duplierten Sommerschein
So bringt gewünschte frucht der herbest duppelt ein.

Doch damit endet nur das erste Treugedicht. Plavius gesellt noch ein zweites hinzu, ebenso dem Brautpaar gewidmet, aber in Opposition zum ersten. Versuchte das erste Epithalamium, Zweisamkeit und Ehestand in ein möglichst positives Licht zu stellen, legt das zweite Treugedicht mit der Beschreibung des ehlosen standes [...] alle Schrecken der Einsamkeit und der Ehelosigkeit offen.

Damit endet der (heutige) Auftakt der Treugedichte. Er steht eindeutig im Zeichen der Ehe, was bei Gattung Epithalamium auch nicht weiter verwundert. Mit dem nächsten Treugedicht, ein Auffgelöstes Hochzeit=rätsel [...] setzt ein neuer Themenkreis ein: Liebe und Leidenschaft. Er beginnt mit der Vorstellung dessen, der für das ganze verantwortlich ist: Cupido. Die Treugedichte 3-7.2 zeigen unterschiedliche Facetten und Metaphern von Liebe. Allen gemeinsam ist, dass die Ohnmacht des Menschen Cupidos gegenüber und die Gewalt der Liebe dargelegt wird. Dies reicht von der klassischen Darstellung der Gefühlsverwirrung durch Gegensätze in Auff hn. Wilhelm von Breen / und jung=frawen Marien Meisen hochzeit. (3.) über Liebe als Krankheit (Auff Hn. Michael Bachmanns vnnd Jungfraw Euphrosynen Heckers hochzeit., Nr. 4), bis hin zur Brutalität der Liebe, verkörpert durch den Liebes-Krieg. (Auff Herr Daniel Hein / vnd Jungfrawn Annen Krausen hochzeitliches ehrenfest:, Nr. 5).

Ein kleinerer Bruch findet in 8.1-8.3 statt. Spätestens ab 8.3 wird die Bedeutung des Ehestandes gegenüber der Leidenschaft wieder hervorgehoben, dies wird durch das zweite und dritte Diana-Lied (9.1 und 9.2) nochmals bekräftigt. 9.2 bewegt sich aber schon wieder auf die Liebe als Wirkungsmacht zu. Diese trifft auch die Gelehrten (10.1-10.5), ja auch den Sprecher selbst.

Neben einigen Epithalamien, die nochmals Liebe oder Brautleute thematisieren, finden sich nun auch häufiger Gedichte, die von Cupido erzählen, so in Auff hn. Nicol Dest / vnd jungfr. Elisa=beth Sarmondes [...] , N. 22), das Cupido als Jäger zeigt, Der blinde Cupido (Nr. 23) , welches Cupido mit dem Blindekuh-Spiel verknüpft, oder auch Cupido in allen möglichen Berufen (Auff hn. Abraham Eelbout oder Edel=holtz [...], Nr. 27), oder Amor als Gärtner (Deutsches Trochaicum:, Nr. 31.1). Letzteres Gedicht befindet sich schon in einer kleinen Gruppe von Gedichten, die sich als "Frühlingsepithalamien" gruppieren lassen (30-31.2).

Darauf folgen Epithalamien, die bisweilen Bibelzitate enthalten, wie das Rondeau: (Nr. 32), das ein Zitat aus der Lukas ("Wer sucht, der findet" Lk 11,104) in einer für Plavius typischen Weise in einen ganz anderen Kontext stellt:

Der süssen liebe frucht durch sucht ist zu erlangen /
Vnd wird durch zucht gesucht. Wer wollust nach will bangen /
Der suchet / was er findt / vnd findet was er sucht /
Sein elend vnd verderb: wird gottloß vnd verrucht /
Vnd leschet nimmermehr sein dürstiges verlangen.

Plavius will damit nicht die Bibel lächerlich machen, sondern die wohl meist jugendlichen Zuhörer zur Tugend gemahnen. Die Bibelworte sollen seinen Ratschlägen Autorität verleihen:

Drumb soll die jugend sich durch tugend vnterfangen
Zu schmecken diese frucht / erbleichen schon die wangen /
Vnd fühlet hertz' vnd leib schon seiner kräffte flucht /
Nach süsser liebes frucht.

Dass darauf folgende Hochzeitslied (Nr. 33) setzt fast ein wie ein Kirchenlied von Paul Gerhard5:

So frewe dich mit springen
Du wolgetröstes Hertz /
Reitz' an den mund zu singen
Zu lachen vnd zu schertz.

Auch die weiteren Epithalamien legen den Fokus nun wieder auf Erbaulichkeit: Ehe, Tugend und Treue (34-38). Inbegriffen ist aber immer eine positive, heitere Auffassung von Liebe, die sogar in helle Begeisterung übergehen kann, wie im Deutschen Sapphicum (Nr. 36.2) , dass sicher eines der schönsten Lieder ist, die Plavius gedichtet hat:

Lustige Sappho / lass die säiten klingen /
Edele Musen / fanget an zusingen /
Liebliche nymphen / schicket euch zuspringen /
tantzen vnd schertzen.
Schmücket euch zierlich heut' an diesem tage /
Windet euch kräntze / schließet alle klage /
Machet euch frölich / denckt an keine plage /
Leiden vnd schmertzen.
Denn jhr geliebet / denn jhr habt gelehret /
Denn jhr geehret / denn jhr habt geehret /
Diesen hat Amor wunderlich verseeret.
Mit einer kertzen.

Die letzten der eigentlichen Epithalamien bringen noch einige motivliche Spezialitäten, beispielsweise das Epithalamium Auff hn: Heinrich Nansen [...] (Nr. 39) mit seiner eigenartigen Androgynie-Thematik, oder das astronomisch-astrologische Wortspiel auf den Namen des Bräutigams Michael Wider bzw. "Widder" (Nr. 40)6. Ein kleiner "Theologischer Disput" in Sonett-Form findet statt im Treugedicht Auf herrn Jsaac Spierings [...] (Nr. 42.1):

Wie nun / herr bräutigam / seyd jhr Catholisch worden /
Jn dem's nu wieder göst? das hoffen wir ja nicht
Weil auch Religion vns jederzeit verpflichtt.

Die Ernsthaftigkeit dieser Vorwürfe muss angezweifelt werden. Plavius verwendet konfessionelle Zänkereien hier zur Belustigung der Hochzeitsgäste, wie schnell klar wird, wenn man sich den weiteren Verlauf des Sonetts betrachtet:

Seyd jhr denn noch / wie vor / wie kommt jhr denn in'n orden
Der sichern bilgramschafft / die sich für keinem morden
Jn jhrer andacht förchtt? Jst denn ewr weg gericht
Dahin / wo Hymens=volck mit Venus sich bespricht /
Wie suchet jhr denn nun jhr Cypern hier im Norden?
Jhr findet / was jhr sucht / jhr suchet / was jhr findet /
Ewr Cypern ist alhier: der göttin / die jhr ehrt /
Gefällt ewr' andacht wol: Ewr bitten ist erhört
Drümb opffert ewr gelübd'. Jhr süsses volck das windet
Von grünem myrten=kraut euch einen schönen krantz
Vnd jhrer nymphen chor hegt einen frewden=tantz.

Auch im folgenden Loblied auf die Braut muss man Plavius eine gewisse Skrupellosigkeit attestieren, wenn er in spöttischer Manier die "Reinigkeit" der Braut bis zum Überdruss lobt (Nr. 42.2). Plavius schließt damit die eigentlichen Epithalamien und er tut das auf eine höchst ironische Weise. Es scheint fast so, als wolle sich Plavius mit Humor von der Gattung verabschieden. Dann geht es in zwei Schüben weiter mit anderen Gedichten, die eigentlich nicht mehr zur Gattung Epithalamium gehören.

Zunächst Folgen andere schertz= vnd frewden gedichte neben etlichen vberschriften vnd erstlich etliche bindebrieflein7. (Nr. 43). Dazu gehören neben einem lateinischen Epigramm (Nr. 43.1) und einem Sonnet: (Nr. 43.2) Auf seines Schwagers Johannis Georgen Moeresii namenstag: auch Ein ander bindebrieflein: (Nr. 43.3), das offensichtlich einer gewissen Elisabeth (V. 9) gewidmet ist. Noch ein anders: (Nr. 43.4) Bindebrieflein folgt, dass wohl ebenfalls nicht "an seine jungfr. Braut" geschickt worden war. Denn Gedichte, die seiner Braut zugedacht sind, zeichnet Plavius deutlich als solche aus (Nr. 43.5-43.7). Zu diesen "Liebesgedichten" zählt auch das "auf die weise der Avignone:" (Nr. 43.6), das formal eines der bemerkenswertesten der Treugedichte ist.

Der letzte Abschnitt der Treugedichte scheint endgültig eine Art Resteverwertung zu sein. Plavius leitet ihn mit dem sehr allgemein gefassten Hinweis ein: Folgen etliche überschriften oder Epigrammata: (Nr. 44). Die Gruppe besteht aus 12 Gedichten. Sie umfasst einige Kasualschriften, die sich thematisch eigentlich weder den Treugedichten noch den Trawr=gedichten oder Lehrsonnetten zuordnen lassen. Die Gedichte unterscheiden sich deutlich von den Epithalamien, einige weisen auch schon auf die Trawr=gedichte oder die Lehrsonnette voraus. Der Abschnitt setzt mit zwei Stammbucheinträgen ein, für einen Maler (Nr. 44.1) und für einen Siegelschneider (Nr. 44.2). Dann folgt ein 6-Zeiler Über ein Hochzeit geschencke: (Nr. 44.3), in dem Plavius wohl seiner Unlust an einem Hochzeitsgeschenk Luft macht8:

Du wärest kein geschenck' / vnd noch so schlecht vnd bloß:
Du wär'st ein klein geschenck' / vnd wärstu noch so groß:
Du wärst ein schlecht geschenk' / vnnd wär'stu noch so prächtig:
Macht' ich dich schlecht vnd klein / du wärest ganz verdächtig.
Nu bistu gut genug / wie schlecht du immer bist /
Die weil ein gut gemüth' an deiner schlechtheit ist.

Die kurzen Gedichte Kriegen: (Nr. 44.4), Lernen: (Nr. 44.5), An die Jugend: (Nr. 44.8), und Tugend: (Nr. 44.9) geben moralisch-didaktische Ratschläge. Dazwischen finden sich noch zwei panegyrische Lobgedichte auf Arnold von Holten, den damaligen Bürgermeister der Stadt Danzig: ein Sonett (Nr. 44.6) und ein lateinisches Epigramm In accifficantem quendam Doctorandum: (Nr. 44.7). Bei Nr. 44.10, einem Sonnet / Jn eines mahlers konst=kammer oder Werckstäte: könnte es sich um eine Auftragsarbeit handeln, vielleicht für eine Tafel, mit welcher der Maler säumige Zahler daran erinnern wollte, dass gute Kunst nicht umsonst zu haben ist:

Konst ohne geld vnd gonst ist donst vnd mag nicht gelten /
Wo sie jhr geld nicht gilt / vnd wo jhr gonst gebricht
Jst alle müh' vmbsonst vnd vbel angerichtt.
Denn ohne gonst vnd geld wird dieser zeit gar selten
Was könstliches gedichtt. Wer fluchen wil vnd schelten /
Wenn geld zu geben ist / der komme hieher nicht.
Denn / solchen ist die konst auch nicht vmb geld verpflicht /
Wiewol sie sonst mit lust dient in des geldes zelten.
Wer nun aus freyen muth' vnd liebe zu der konst /
(Welch' ohne geld nichts ist als wind vnd lauter donst)
Jhm etwas zu der lust wil könstlich lassen mahlen /
Der sey auff geld bedacht / so spürt man / dass die gonst
Die er zu könsten trägt / mit nichte sey vmbsonst
Die losung' hier ist geld, man muss hier redlich zahlen.

Dann folgt als vorletztes Gedicht der Treugedichte ein Sonett über den Friedensschluss von 1629 (Nr. 44.11). Interessant ist das Gedicht vor allem auch wegen der Personen, an die es gerichtet ist: An Rochum von Honart als Vertreter des Danziger Rates, Andreas Bicker, den Bürgermeister von Amsterdam, und Simon von Beaumont, in seiner Funktion als Ratsherr des Commitierten Rathes von Holland. Plavius gibt aber auch noch den Hinweis darauf, dass Beaumont Pensionär der Stadt Middelburg war9.

Die Treugedichte enden schließlich mit der Warnung Wieder die / so faulheit vnd unzeitigen schlaf lieben: (Nr. 44.12). Ausser in der Überschrift ist von Liebe darin nichts zu finden. Das Gedicht strahlt moralische Härte und eine gewisse Dunkelheit aus, die sonst in den Treugedichten nicht vorkommt. Man würde es spontan eher den Trawr=gedichten oder den Lehrsonnetten zuordnen, und sofern man die Trawr=gedichte darauf folgen lässt, bereitet es sehr gut vor auf die Vermahnung' an alle menschen., mit welcher die Trawr=gedichte einsetzen.

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1.3 Formen

Die Treugedichte zeichnen sich durch großen Formenreichtum aus. Plavius gestaltet nicht nur heroische oder epische Alexandriner, sondern auch "Pindarische Oden", Sonette und eine größere Anzahl Liedstrophen10. Einige der Formen finden sich sonst nirgends in der deutschen Dichtung. Es müssen diese "exotischen" Formen sein, von denen man in der Vergangenheit auf spanische oder italienische Vorbilder schloss11. Als ein Beispiel dafür soll die erste Strophe des "drähe=tanzes" (Nr. 10.2) dienen:

1.
Gedencket / wie kräncket vnd lencket einn doch
Die lieb und jhr trübe=betrübetes joch!
Vor dacht' ich; wer macht mich: wer achtt mich / mit fug /
Wie Plato / wie Cato / wie Crates / so klug /
Nu reisst meinen sinn /
Als ich nu werd‘ inn /
Jn liebe die liebe beliebete = hin.
So zwinget / so dringet / so bringet vns weh
Mit tücken / mit blicken / mit stricken in d'eh.


A
A
B
B
C
C
C
D
D

Hier ist nicht allein die Strophenform beachtlich, auch das Metrum fällt aus dem Rahmen: Plavius verwendetet die gefürchteten Daktylen - und das lange vor der Rechtfertigung durch Buchner und Zesen. Doch ein Vergleich mit einem Gedicht des Niederländers Jan Jantzen Starter bringt ans Licht, wie Plavius zu diesem Metrum und Versmaß kommt12:

1.
Goddine, wiens minne, mijn sinnen altyd,
In kracht en gedachten, na trachten om stryd!
Oh krone der schonen! lof-throne des deughds!
In dy leyd, de vryheyd, de blyheyd mijns Ieughds,
u deftigh gebaer, u goud-dradigh hayr,
U leden, u zeden, met reden voorwaer,
De goden, (als boden) doen noden tot min,
Sy draven, u gaven nae, brave Goddin!


A
A
B
B
C
C
D
D

Dabei darf man sich durch die unterschiedliche Anordnung der Versgrenzen nicht täuschen lassen. Vers 5 aus Starters Gedicht wurde bei Plavius lediglich in zwei Verse zerteilt. Beide Strophen sind auf die Melodie Peckington's Pond komponiert13. Plavius muss diese "Weise" nicht zwangsläufig von Starter übernommen haben. Für eine direkte Übernahme sprechen aber auch die von Plavius verwendeten Stilmerkmale: Starter und Plavius verwenden beide anaphorische Reihungen, Vokalhäufungen und Klangspiele. Bei beiden sind Binnenreime tonangebend. Gerade beim Vergleich der Strophen-anordnungen zeigt sich allerdings, dass die Bezeichnung "Binnenreim" in beiden Fällen nicht greift. Die Versgrenzen treten beim Gesang zugunsten der Melodie zurück:


Noch deutlicher wird das bei "Ein Lied auf seiner obgedachten jungfraw Braut Susannen Nuberin Namen / auf die weise der Avignone:" (43.5). Plavius verweist hier selbst deutlich auf die zugrunde gelegte Melodie. Es handelt sich um L'Avignone, ein beliebtes Tanzlied aus Frankreich. Auch Starter kannte und schätzte die Melodie. Er verwendete sie in seinem Frieschen Lust-Hof gleich viermal. Vergleicht man die Bauformen, ist man jedoch irritiert. Denn Plavius und Starter gliedern die Versgrenzen ganz unterschiedlich. Bei Starter finden sich Strophen mit 9 bzw. 8 Zeilen, wie beispielsweise in "O, cierlijcke cieraed"14:

1.
O, cierlijcke cieraed,
Wtmuntend in deugh en schoonheyd van gelaed,
Dien ick bemin, met hart en sin,
En dien ick hou voor mijn Goddin,
Princesse, Voogdesse, die meest, mijn geest,
wond en geneest,
door 't lieve licht,
van u gesicht,
Ontfarmd u eens, voldoet u plicht!


a
a
B
B
C
C
D
E
E

Plavius dagegen zieht die Strophen auf vierzehn Zeilen hin, womit er sie in formale Nähe zum Sonett rückt:

Sol ich denn nu sterben
Ererben /
Vnd in der liebe verderben /
Der Puls lässt nach /
Vnd schlägt gemach /
Mein gantzer leib ist matt vnd schwach /
Mein leben
Wird / eben
Als laub
Vnd staub /
Dem Wind ein raub /
Vnd kömmet noch
Aus todes joch
Das macht die liebe / dencket doch?

a
a
a
B
B
B
c
c
D
D
D
E
E
E

Auch hier passt Plavius‘ Strophe sich der Melodie an, der Unterschied liegt allein in der Druckwiedergabe15:


Es ist zu bemerken, dass Plavius damit dem Charakter der Melodie näher kommt als Starter16. Das gilt auch für viele seiner anderen Treugedichte. Wahrscheinlich lassen sich die meisten der ungewöhnlichen Formen bei Plavius dadurch erklären, dass er auf Melodien schrieb17. Ausser auf Starts Frieschen Lust-Hof hat Plavius auch auf Melodien des Bloem-Hof zurückgegriffen, beispielsweise auf Si c' est pour mon pucelage (Nr. 6, 8.2, 9.2).

An Sonetten finden sich in den Treugedichten derer zehn. Wenn man die Strophen des obigen Achrostikons auf Susanna Nuber noch hinzurechnet, sind es 17.

Gegen eine Deutung der Strophen als Sonette spricht, dass sich Plavius' Sonette der Treugedichte, mit einer Ausnahme an die Opitz'sche Vorgabe halten, und oft noch zusätzlich als "sonnet" bezeichnet werden. Das Reimschema der 14zeiler ist zudem aaaBBBccDDDEEE, wobei sich lediglich am Ende der dritten Zeile ein syntaktische Zäsur machen lässt. Diese ist aber nicht einmal eine Satzgrenze. Überhaupt zeichnen sich alle sieben Strophen des Achrostikons durch Enjambements aus. Lediglich in der sechsten Strophe findet sich ein Punkt, und zwar am Ende der 6. Zeile. Eine klassische Aufteilung in Quartette und Terzette kann daher weder nach Reimschema, noch syntaktisch erwogen werden. Aus dem Versenden ließen sich lediglich zwei Sextette mit einem Doppelvers dazwischen herauslesen: [aaaBBB] [cc] [DDDEEE]. Damit bleibt offen, ob man die 14zeiler lediglich als exotische Strophen, oder als "Mikro-Sonette" deuten möchte. Mit den sieben Strophen ergäbe sich allerdings gleichzeitig ein kleiner, erster Sonettzyklus, verbunden durch die Strophenanfänge, die vom Hörer bzw. Leser leicht als Achrostikon "SUSANNA" aufgelöst werden können.

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1.4 Sprache und Syntax

Immer wieder wird die sprachliche Eigenartigkeit von Plavius hervorgehoben. Einem Danziger Einheimischen mag sein Akzent in der Tat eigenartig vorgekommen sein. Zumindest die Verschleppung von b und g kann man als Hinweis auf eine thüringische Herkunft des Plavius deuten18.

Wie Sartor ausführt, müssen aber nicht alle Ausdrücke und Formulierungen, die nicht zum Danziger Idiom passen, den Autor nach Thüringen verweisen19. So kann der Umlaut in 'glauben', 'kaufen', 'haupt' auf den Einfluss Luthers zurückgeführt werden, auch die Ersetzung der Vorsilbe 'zer' durch 'zu', wie in 'zubrechen' (Nr. 7.2), 'zufällt' ist nicht auf das Thüringische beschränkt. Auffällig ist jedoch das Schwanken der Umlaute wie 'gläuben' / 'gleuben'. Teilweise kommen beide Formen in ein und demselben Gedicht vor.

Die zahllosen unakopierten Endungs-e führt Sartor auf die "Versnot des Dichters"20 zurück oder auf eine Überängstlichkeit bei der Befolgung der Opitz'schen Vorschriften. Tatsächlich erscheint es nicht immer einsichtig, wann Plavius 'e' anhängt und wann nicht. Im Zweifelsfall, so scheint es, hat stets das Metrum den Ausschlag gegeben. Anders ist das bei den Über- und Unterschriften. Hier apokopiert Plavius nur sehr selten: "drähe=tantz", "Ein ander gedichte / auf selbige hochzeit", "In Verlegunge des Dichters"21. Es finden sich aber auch hier Gegenbeispiele, wie "Schawgericht' auff Hn. Hans Kohl", "Vermahnung' an alle Menschen". Da die Opitz'schen Regeln noch recht neu waren, dürften auch niederdeutsche Autoren damit ihre Schwierigkeiten gehabt haben.

Oft hat man Plavius wegen seines Akzentes als Exoten dargestellt, der sich durch seine Sprache von allen Danziger Kollegen abhob. Doch die überwiegende Mehrzahl der "Danziger" Gelehrtenkollegen und Schüler des Plavius waren selbst keine Einheimischen. Zudem stammte ein großer Teil der Danziger Neubürger selbst aus Thüringen, so dass das Thüringische Idiom in der Stadt wohl auffiel, aber nicht zu selten war. Die Danziger Poeten dichteten jedenfalls nicht im Niederdeutschen Idiom. Der Akzent eines Opitz fiel in der Hansestadt mindestens genauso auf wie der eines Thüringers. Die normierende Prägekraft des Dichtervorbildes Opitz darf sicher nicht unterschätzt werden, doch für Plavius sprach auch das Idiom der Lutherbibel, die sächsische Kanzleisprache, die dem Thüringischen ähnlicher ist als dem Oberschlesischen.

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1.5 Stilmittel und lyrischer Ausdruck

Ganz im Gegensatz zum nüchternen, klassischen Stil eines Opitz, Heinsius oder Cats liebt Plavius einen ornamentalen, manchmal sogar "deftigen" Stil. Rhetorische Mittel verwendet Plavius oft, lieber zu viel als zu wenig. In den Treugedichten vollbringt er sogar das Kunststück, beim Einsatz von Figuren seine Vorbilder Starter und Beaumont zu übertrumpfen.

Beliebteste Figur des Plavius ist die Wiederholung, insbesondere die Wiederholung von Satzgliedern, und hier die Anapher. Anaphern überfallen den Leser gleich im zweiten Gedicht der Treugedichte:

Ein faß / welchs niemand füllen kan /
Ein durst / den niemand stillen kan
Ein haß / den man nicht enden kan /
Ein zorn / den man nicht wenden kan /
Ein hoffen / voller angst vnd forcht /
Ein förchten / das auff hoffnung' horcht
Ein vngetröste trawrigkeit /
Ein' angestelte frölichkeit /
Ein haus / da keine sonne scheint /
Ein garten / da nicht bäwme seind /
[...]

Diese Reihe hält Plavius ganze 48 Verse lang durch, erst dann wird der Satz grammatisch und semantisch geschlossen:

Jst einsamkeit vnd jungfrawschafft /
Wo man der starcken liebekrafft
Erfahren muss. [...]

Weitere Anaphernhäufungen finden sich in im folgenden Treugedicht (Nr. 3), Der Blinde Cupido (Nr.23), Doch die Kunst des Plavius beschränkt sich sich nicht auf einfache lineare Reihungen. In einer ersten Steigerung mischt er bisweilen mehrere Anaphernreihen ineinander, so beispielsweise im Epithalamium Auff hn. Joachim Flato [...] (Nr. 11):

Jst demnach ein liebend hertze
Halb vnd gantz in süssem schmertze /
Halb vnd gantz / ein löchricht fass /
Voll von nichts / vnd voll von was.
Halb voll pfeiler / halb voll kertzen /
Halb voll wunden / halb voll schmertzen /
Gantz voll lieb vnd liebes pein /
Gantz voll liebes augenschein?
Halb verbrennet / halb verzeeret /
Halb erleichtert / halb beschweeret /
Gantz voll heisser liebesbrunst /
Gantz voll list in liebes=konst?
Halb voll grillen / halb voll grollen /
Halb voll wanwitz / halb voll rollen /
Gantz voll liebes=süssigkeit /
Gantz voll liebes=bitterkeit;]

Dieses Wechselspiel setzt Plavius noch über 24 weitere Verse fort. In einem anderen Treugedicht (Nr. 19.2), findet sich eine ähnliche Verknüpfung von Anaphern, nun aber innerhalb der Versgrenzen:

Er ist / was jhr besinnt / jhr wonhaus seiner sinnen /
Er ist ewr auffenthalt / jhr alle sein beginnen /
Er ist ewr hertzen=fewr; jhr seiner augenliecht /
Er ist / was euch vergnügt / jhr seyd / was jhm gebricht.
Er ist ewr rebenstock / jhr weinstock seiner reben /
Er ist ewr sanfter todt; jhr seines lebens leben /

Auch hier treibt Plavius die Reihe noch wesentlich weiter voran. Die Gegenform der Anapher, die Epipher, wendet Plavius kaum an, zumindest nicht gezielt22. Eine seltene Sonderform davon ist der Refrain. Doch selbst Refrains bestehen bei Plavius selten aus identischen Satzgebilden, sondern mutieren ihren Inhalt. Sie sind also nicht statisch, sondern Teil des rhetorischen Prozesses23.

Neben parallelen Reihungen bedient sich Plavius auch Aniplosen und Chiasmen, wobei er diese nicht selten durch Wortfiguren, besonders Oxymora, noch weiter steigert. Besonders deutlich wird dies beispielsweise in Auff hn. Wilhem von Breen / vnd jungfrawen Marien Meisen hochzeit (Nr. 3), wo Plavius das Gefühl der Liebe in den Gegensätzen von Wasser und Feuer schildert:

Denn schawet doch nur an den kalten brandt der liebe /
Das überheisse kalt / das wunderhelle trübe /
Das fewer=heisse nass / das wasser=nasse fewr /
Das tewr=gemeine ding / das allgemeine tewr;
[...]

Jndem sich heisse fluth der kalten glut erbarmet /
Bis sich die fluth in gluth / die gluth in fluth verkehrt /
Bis sich die gluth durch fluth / die fluth durch gluth verzehrt.
[...]

Dass Plavius auch vor den von Opitz verpönten Binnenreimen nicht zurückschreckt, wurde weiter oben schon ausgeführt. Dort zeigte sich aber, dass nicht alle Binnenreime, die sich bei Plavius finden, ursprünglich auch als solche intendiert waren. Viele formale, rhetorische und metrische Eigenheiten lassen sich durch musikalische Vorgaben entschuldigen.

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1.6 Motive und Metaphorik

Peter Lambert Sartor unterscheidet in der Dichtung des Plavius drei "Fixsterne"24: Liebe, Tod und Tugend. Diese drei Hauptmotive durchziehen sein ganzes deutschsprachiges Werk. Das ist keineswegs überraschend, schließlich waren diese Themen schon in der Antike bekannt und beliebt. Interessanter ist, dass sich auch die drei Teile seiner Gedichtausgabe diesen Motiven zuteilen lassen: Liebe zu den Treugedichten, Tod zu den Trawr=gedichten und Tugend zu den Lehrsonnetten.

Bei einer so groben Rasterung kann man es nicht belassen. Denn Plavius hat die Motive häufig miteinander verwoben. Hinweise auf die Endlichkeit und den Tod finden sich bereits im ersten Treugedicht, Tugend gehört für Plavius zur Liebe immer dazu: Wie der Tod nicht Ende sondern Ziel des Lebens ist, so ist die Ehe für Plavius eine logische Erfüllung der Liebe.

Andererseits ist erst durch die Liebe der Schmerz der Verstorbenen zu erklären, und Plavius scheut sich in den Trawr=gedichten nicht, an den Schmerz des Verlustes der Geliebten zu appellieren. Die Lehrsonnette wollen durch christliche Nächstenliebe und Alltagstugenden die Vergänglichkeit letztgültig überwinden. Denn eines steht für Plavius immer fest: Die Welt und die Menschen werden vergehen, Liebe und Tugend aber währen ewig.

Subsummiert man die Treugedichte unter das Thema Liebe, muss man abklären, welche Liebeskonzeption Plavius vorsieht. Dazu ist zu untersuchen, woher Plavius seine Motive schöpft, aber auch, wie er mit seinen Quellen umgeht: Schließt er sich antiken Konzeptionen (Horaz, Pindar) an, oder eher den Neulateinern? Tändelt er mit dem Petrarkismus? Oder ist er gar ein Parteigänger des Antipetrarkismus? Macht er sich über die Liebe lustig? Zückt er insgeheim den moralischen Zeigefinger?

Über die Motive an Plavius heran zu kommen ist schwierig. In einer Zeit, in der gerade Motive Gemeingut waren und auf Originalität kein Wert gelegt wurde, ist nicht zweifelsfrei zu klären, woher er seine bezieht. Hat man eine Quelle ausfindig gemacht, macht es uns Plavius schwerer als viele seiner Zeitgenossen, denn er geht originell vor: Er übersetzt nicht, er rekombiniert und transponiert Motive in neue Zusammenhänge. In seinen Treugedichten wimmelt es von Verweisen und Verknüpfungen, die dem Publikum im Ohr klangen, vom heutigen Leser aber selten noch erahnt werden. Zudem überlagern sich Schichten:

Plavius greift bisweilen nicht nur Motive aus unterschiedlichen Quellen auf, er unterlegt das Ganze auch noch mit Metrum und Melodie aus einer weiteren Richtung, so dass wir es mit einer intertextuellen Polyphonie zu tun bekommen. Gerade das erschwert es, zu beurteilen, welche Grundkonzeption Plavius eigentlich verfolgt. Es ist geradezu unheilvoll, allein Motive der Treugedichte einfach einzusammeln und daraus eine Grundtendenz ableiten zu wollen: Dann stößt man nämlich auf eine Vielzahl teils gegensätzlicher Motive.

Es finden sich eine große Anzahl mythologischer Motive (z. B. aus Homers Odysee und Ovids Metamorphosen), petrarkistische Motive, kosmische Motive (Sonne, Mond, Gestirne, Tierkreiszeichen), aber auch bürgerlich-handwerkliche Motive sowie solche aus der neulateinischen Tugendlehre (z. B. der Freundschafts- und Treuebegriff in den Bindebrieflein unter Nr. 44).

Auch der Krieg dient häufig zur allegorischen Liebesdarstellung. Mal ist es der Krieg des Cupido gegen Mars oder die Opposition Krieg gegen Liebe (Nr. 15, 28, 41), mal der Krieg des Cupido gegen uneinsichtige Menschen (Nr. 14.1, 21, 22). Auch der Kampf der Geschlechter wird thematisiert (Nr. 5). Die Liebe siegt fast immer25.

Interessant sind auch die bei Plavius auftretenden homöopathischen Heilverfahren, um Liebesleiden zu heilen: Gleiches muss mit Gleichem geheilt werden. Gegen Liebe hilft folglich nur, wieder zu lieben. In seinen Vergleichen erwähnt Plavius auch zeitgenössische Heilkräuter, wie Augentrost oder Diptam. Auch Gold wird bei ihm als Heilmittel erwähnt26.

Cupido/Amor ist sicherlich der Hauptakteur der Treugedichte. Er begegnet dem Sprecher oder den Brautleuten begegnet und zieht sie dabei mehr oder weniger in Mitleidenschaft. Bei Leidensschilderungen trifft man oft auf das Motiv der Gegenwehr gegen die Liebe: Jünglinge oder Jungfrauen verschließen sich der gottgewollten Fügung, sie verschließen sich der Liebe.

Die Rollen, in denen Plavius seinen Cupido agieren lässt, sind mitunter durch die Zunft des Bräutigams bestimmt, so im Epithalamium Auff eines Goldschmiedes hochzeit: (Nr. 13). Durch die Handelstätigkeit seiner Auftraggeber mag sich auch die bei Plavius gerne verwendete Schiffsmetaphorik erklären, die besonders deutlich in Das liebe=schiff (Nr. 28) zum Vorschein kommt. Die Motive darin erinnern nicht nur bereits an das elsässische Kirchenlied aus dem 15. Jhdt., sondern auch an ein Epithalamium von Daniel Heinsius, aus dem Plavius wohl seine Motive geschöpft hat27:

Trougedicht
Ter eeren van DANIEL de BVRCHGRAVE,
met ANNA OOSTERLINKS

De schippers die de zee met kielen scherp doorsnijden,
En met een houten peerdt het blaeuwe diep berijden,
Gekomen sijnd' aen landt, bevrijt van alle noot,
Dan vellen zy de mast, dan strijcké zy deschoot.
Het gheen daer wy in sijn, eer wy ons selven paeren,
Is een beroerde zee, de sorgen sijn de baeren,
De liefd' is onsen windt: de klippen die ons schaen,
Is daer wy aldermeest en alderliefft naer gaen.
De klippen sijn gestelt int midden van het leven,
Daer worden zy seer licht van alle kant gedreven.
Dan komt de westen windt, seer liefelick en stil,
Die voert ons int verderf door onsen eygen wil.
De sterren die ons leen, dat sijn de blinckend oogen,
Die sich gemeynelick tot ons verderf vertoogen.
Dan mist ons het compas: dan missen wy de locht,
Dan worden wy met lust in ons verderf gebrocht.
Het roer is ons verstand: den ancker is de reden,
De kaebels sijn de deucht: de ballast goedeseden.
Dan doch de minsten deel brengt in behouder handt
Zijn onbeweechde schip van stormen aen het landt.
Maer Burchgraef wel voorsien van ballast komt gevaeren
Int midden van de zee door klippen ende baeren
Tot aen't gewenste land: en vry van alle wee,
Van schipbreuck, ende last, komt naer een goede ree.
Dis is de beste wens: het lant hebt ghy gekregen,
Daer u den oosten windt niet meer en sal bewegen.
Heer Bruygom blijst hier vast: en werpt den ancker uyt,
En van het quade weer versekert dijne schuyt.
VVy sijn noch in de diep, wy moeten voort gaen dwaelen
Daer ons den harde windt en baeren komen haelen.
Vaert wel, en als ghy sijt in uwen meesten staet,
Denckt eens hoe dat het noch met onse schuyten gaet.

Dieses Heinsius-Gedicht diente nicht nur Plavius als Vorlage. Auch andere Deutsche Poeten haben darauf zurückgegriffen, unter anderem Opitz, Buchner und Homburg28. Es erfreute sich also einer großen Beliebtheit.

Doch nicht nur in diesem Fall lassen sich die Motive des Plavius bekannten Vorlagen zuordnen, auch sonst greift Plavius - wie seine Zeitgenossen - vorhandenes Motivgut auf: Seine Inspirationsquellen finden sich im Bloem-Hof, in den Nederduytschen Poemata, im Frieschen Lust-Hof und in der Zeevschen Nachtegael29. Diese Quellen hat Plavius teilweise wörtlich zitiert, oft aber auch nur dem Sinn gemäß. Weder die Motive, noch ihre Quellen geben jedoch Aufschluss auf ihre kreative Verwendung.

Plavius übernimmt nicht einfach, er rekombiniert, erzeugt Widersprüche, und spielt Motive und Meinungen gegeneinander aus. Als Beispiel soll das das Treugedicht Auff Herrn Jacob Stüven vnd Jungfrawen Elisabeth Schuhmans hochzeit. (Nr. 8) dienen. Hier hat Plavius kreativ gehandelt. Das Epithalamium besteht aus drei Teilen: Einer Vorrede (8.1), einem Lied / auff die weise: Si c' est pour mon pucelage. (Nr. 8.2) und einem kritischen Nachspann (8.3).

Die 16 Verse des Vorspanns sind in heroischen Alexandrinern gehalten. Plavius setzt hier zunächst mit bekannten Motiven des Petrarkismus an, einem Traumbild, vermittelt durch Morpheus, das dem Dichter die Jagdgöttin Diana vor Augen führt. Dabei zitiert Plavius fast wörtlich aus Starters Trou-Dicht ter eeren d'Heere ERICH BRAHE [...]30. Er setzt wie folgt ein:

"Nähst / vmb die mitternacht / da 's himels blawer bogen
Mit stern=tapetzerey war zierlich überzogen /"

Ebenso Starter:

"In 't midden vande nacht, doen 's Hemels blauwe rocken
Met een ghesterde kleed heel waren overtrocken:"

Wenig später findet sich bei Plavius (V.6-7):

"Vnd da der süsse schlaff mich kaum hat eingenommen /
Jst Morpheus in mein hirn durch diesen traum gekommen:"

Bei Starter (V. 5-6):

"En ick op 't aldersoest was van mijn slaep gelegen,
Is Morphæus den droom uyt zijn spelonck gesteghen,"

Dann allerdings gehen die beiden Epithalamien auseinander. Die Träume der beiden Sprecher unterscheiden sich deutlich. Starters Traumbild zeigt Cupido, Venus und Mars; behandelt wird also ein Cupido-Abenteuer. Ein Lied, wie es die Diana des Plavius singt, kommt nicht vor, das Metrum (Alexandriner) wird bei Starter durchgehalten. Bei Plavius wird der Traum zunächst abgebrochen. Der Sprecher schrickt davor zurück, den "wiederigen Trawm" zu erzählen. Wenn er es doch tut, dann nur um, fast nach Art romantischer Ironie, die Fiktion mit dem tatsächlichen Brautpaar (bzw. den Zuhörern) zu konfrontieren (V. 11-12):

"Doch weil das liebe=paar sich schon dawieder regt /
Vnd dieses kätzer=lied jtzt thätlich wiederlegt"

Das Lied dient, als Beweis für seine eigene Unzulänglichkeit, wie schon vom Sprecher angekündigt. Eigentlich ist das "Ketzerlied" ja durch das Brautbar bereits "thätlich" wiederlegt.

"Vnd auch / dass jeder säh' / auff was für losen gründen
Der meinung' ist gebawet / die des sich vnterwinden
Was hie Diana thut / so höret / bitt' ich an /
Wie mancher ehfeind spricht / vnd was Diana kan:"

Inwiefern man dieses noble pädagogische Interesse für bare Münze nehmen darf, wird noch zu zeigen sein, jedenfalls folgt daraufhin das Ketzerlied der Diana.

Die Wiedergabe des Diana-Gesangs erfolgt in einem neuen Metrum. Das Lied ist auf die gleichnamige französische Melodie verfasst31. Es handelt sich keineswegs um ein Spott-Lied auf Venus oder Cupido: Von "Ehe-Feinden" ist die Rede, und tatsächlich werden 14 Strophen lang alle Nachteile ehelicher Bindung aufgezählt. Die Strophen 1 und 2 sind dabei noch am ehesten petrarkistisch zu nennen, da sie die Ränke der Venus und die peinvollen Pfeile Amors besingen. Dagegen beziehen sich die restlichen Strophen alle deutlich auf die eheliche Bindung: Strophe 3 warnt die Gesellen, dass Amors Joch eng sei und dass durch Bindung kein Mann soviel Freude finde, dass letztlich nicht doch die Reue überwiege.

Strophe 4-6 versuchen, dem Mann Ehegedanken mit finanziellen Argumenten auszureden: Eine Heirat aus Geldgründen ist peinlich (Strophe 4), die Ehe löchert den Geldbeutel (Strophe 5), selbst wenn beide Gatten schon vorher arm sind, werden sie höchstens noch ärmer werden (Strophe 6). Finanzieller Gewinn durch Ehe wird kategorisch ausgeschlossen.

Strophe 7 warnt mit Verweis auf Helena davor, dass schöne Frauen grundsätzlich untreu seien. Umgekehrt weiss Strophe 8 zu berichten, dass alte oder hässliche Frauen zwar treu seien, man daraus aber keinen Vorteil schlagen könne. Kluge Frauen seien herrisch (Strophe 9), fruchtbare Frauen stürzten den Mann in Armut (Strophe 10), wohlberedte Frauen seien zanksüchtig (Strophe 11), sportliche Frauen zögen auch den Mann dabei in Mitleidenschaft (Strophe 12). Selbst Frauen, die artig und gehorsam sind, seien ein Unglück, da sie jedem Mann aufs Wort gehorchen würden, und so leicht wie Stroh zu entfachen seien. Strophe 14 zieht aus allem das Resümee:

14. Weg mit lieb' vnd wieder=lieben
Jst's nicht gut alleine sein?
Wozu sol die liebes=pein?
Wozu wil man sich betrüben
Mit dem / was einn andern nagt?
Jeder sey mit sich geplagt.

Dem widerspricht konsequent der dritte Teil des Epithalamiums. Dieser ist wiederum im heroischen Alexandriner verfasst, er besteht aus 12 Versen. Sprecher ist wieder der Träumende. Gleich zu Beginn verurteilt er das vorige Lied, Diana wird vehement widersprochen:

Das ist das lose lied / das lästerliche sprechen /
Davon mir 's hertze schier im traume wolte brechen
Diana / dein gesang / sprach ich / ist nur ein dunst.

Damit distanziert sich der Sprecher deutlich von dem im Lied Gesagten. Es wird nochmals betont, dass das es ein Traumbild war, dass Diana die Sprecherin gewesen sei und keinefalls identisch mit dem aktuellen Sprecher. Im Folgenden wird der Göttin mit der Rache Cupidos und Cinthias gedroht32:

Cupido wird an dir noch üben seine kunst:
Er wird dein stoltzen muth / vnd deinen überwillen /
Mit einem scharffen pfeil' in schwinder eile füllen
Vnd rächen seinen spott. Vnd Cinthia wird dir
Den mund in kurtzer zeit wol bieten / gläube mir.

Es fragt sich, inwiefern es angemessen ist, einer Göttin zu drohen. Doch befinden wir uns immer noch in einer Traumsituation, zweitens wurde bereits am Ende des ersten Teiles der Bezug zu den Parteigängern der Diana, den Ehefeinden, hergestellt. So wundert es auch nicht, dass der Schluss des Brautgedichtes nochmals darauf verweist, nunmehr die eigentliche Zielgruppe anspricht, und anschließend die moralische Intention offenlegt:

Kommt her / jhr jungfrewlein / vnd heisse Dianen liegen /
Komt jhr gesellen / hört / vnd lasst euch nicht betriegen.
Diana / wie jhr wisst / ist jägerey gewohnt /
Weiss derowegen nicht / wie trewe liebe lohnt.

Das Lied der Diana wird nicht als Ablehnung der Liebe, sondern als Ablehnung der Ehe empfunden. Gegen diese Ausdeutung durch den Sprecher ist einzuwenden, dass sich die Strophen 1-2 auch gegen Venus und Cupido wenden, also gegen die Liebe selbst. Oder sollten Venus und Cupido hier als Garanten ehelicher Treue gelten, die Jagdgöttin Diana dagegen als Apologetin von "jägerey"? Das Lied spricht sich vielmehr gegen jede Liebesbeziehung überhaupt aus, sei sie kurzfristig oder langfristig.

Die ungelöste Spannung des Treugedichtes ergibt sich daraus, dass Plavius hier zwei gegensätzliche Konzeptionen überlagert hat: Zum einen den petrarkistischen Gedanken der Liebeslästerung, dann aber auch die antipetrarkistische Ehekonzeption mit ihrer Ablehnung ungebundener Liebe. Beide Konzeptionen überlappen sich, Plavius hat sie nicht kontrovers gegenübergestellt, sondern ineinander verflochten. Dem Sprecher im Traum erscheinen nicht Venus und Cupido, wie man als Petrarkist erwarten würde, sondern Diana. Diese aber wettert nicht allein gegen die Ehe, sondern gegen jede Liebesbeziehung überhaupt. Darin geht Plavius selbst über moralisch-erbauliche Konzeptionen, wie sie sich z. B. bei Cats finden, hinaus. Selbstverständlich ist es nicht Plavius, sondern Diana, die im Traum spricht. Der Sprecher des dritten Teils kritisiert Diana aber unzureichend. Die "Moral von der Geschichte" wirkt aufgesetzt, hämisch. Die Ironie wurde bereits vorbereitet durch den direkten Bezug auf das Brautpaar im ersten Teil.

Solche Unreinheiten haben Plavius später den Ruf eines Stümpers und Versleinmachers eingebracht. Es spricht allerdings viel dafür, dass Plavius ganz bewusst und absichtlich so vorgegangen ist. Ein anderes Beispiel, das dies zeigt, ist das Brautlob auf Catharina Bilgram (Nr. 42.2). Es ist zentral um die Anomination des Namens "Catharina" - die "Reinigkeit" gebildet. Stilistisches Hauptmerkmal sind die anaphorischen Reihungen. Wie Bornemann33 gezeigt hat, orientiert sich Plavius dabei offensichtlich an einem ähnlichen Gedicht des Simon de Beaumont34 aus der Zeevschen Nachtegael 35:

Ghy zijt wel proper in al u dingen,
Proper in't spreken, proper in't singen
Proper van aensicht, voeten, en handen,
Proper van oogen, neus, en tanden,
Proper van cleeren, koussens, en cragen
Proper van riem en ommeslagen,
Proper van schoenen, linten en canten,
Proper van mantel, hoet, en wanten,
Proper van hyr, van baert, en knevels,
Proper te peerd, en proper op schaetsen,
Proper in't kolven, proper in't kaetsen,
Proper in al u doen en laten,
Proper in't wandelen over straten,
De handen in sy als en coper-potjen,
Voorwaer, ghy zijt een proper sotjen.

Parallelen zum zweiten Teil des Treugedicht des Plavius sind kaum zu übersehen. Auch hier ist die Reinheit allgegenwärtig:

Rein; in liebe / rein; in trewen /
Rein; im reden / rein; im schweigen /
Rein; in süsser freundlichkeit /
Rein vnd sauber allezeit.
Rein; in arbeit / rein in feyren /
Rein; im waschen vnd im scheuren /
Rein; im wircken / rein im nähn /
Rein; im sitzen stehn vnd gehen.
Rein; im kochen / rein im essen /
Rein; im drincken vnvergessen /
Rein; im haus' vnd für der thür
Rein und sauber da vnd hier.
Rein; zu tische / rein zu bette /
Rein mit andern in die wette /
Rein; zur frewde / rein; zu leid /
Rein; für leuten vnd beseit.
Reiner augen / reiner Ohren /
Reiner zungen / vnd bevoren
Reines hertzens / rein vnd klar /
Rein vnd sauber gantz vnd gar.
Reiner lippen / reiner keelen /
Reines leibes / reiner seelen /
Reines namens / wie bewust
Rein vnd schön; nach allerlust /
Reiner füsse / reiner hände /
Rein; von anfang bis zu ende /
Rein vnd sauber als Crystall /
Rein vnd sauber vberall.

Brisant daran ist, dass es sich bei Beaumonts Epigramm um eine Parodie auf Jacob Cats handelt: Durch die übermäßige Betonung der Reinlichkeit in allen Lebenslagen wird die betreffende Tugend ad absurdum geführt. Die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit muss bezweifelt werden, es handelt sich um ein scherzhaftes Brautlob. Nimmt man aber noch hinzu, dass sich Plavius damit der Parodie auf Cats anschließt, so ist vielleicht auch dort Skepsis angebracht, wo er im Epithalamium gar nicht scherzhaft erscheint.

Ein drittes Beispiel für das kombinative, leicht parodistische Vorgehen des Plavius ist die Komposition Anapestico-jambicum (Nr. 10.5-10.6). Es besteht aus zwei Strophen, die Plavius aus Starters O eenigh voedsel van myn ieughd! übertragen hat36. Angehängt hat Plavius dann noch eine parodistische Bearbeitung von Heinsius' Aen de Ionckfrouwen van Holland 37. Obwohl Plavius aus petrarkistischen Quellen petrarkistische Motive schöpft, wird er damit nicht zum Petrarkisten.

Von den Motiven allein lässt sich jedenfalls nicht auf die Gesinnung des Plavius schließen. Geht man so vor, so kommt man nicht umhin, ihm eine gewisse Abgeschmacktheit zu konstatieren: Plavius hält sich weder an die Regeln des Petrarkismus, noch des frühbarocken Moralismus. Aus beiden Quellen schöpft er seine Motive, bei der Verwendung schlägt er jedoch einen Mittelweg zwischen beiden ein - zum Teil gegen den Widerstand der Motive selbst. Daraus erzeugt sich auch die Leichtigkeit und Komik vieler seiner Gedichte. Bei den Dichtern der hohen Schule, vor allem auch bei den folgenden Generationen hat dies Unverständnis und Kritik hervorgerufen. Zur Unterhaltung seiner Zuhörer leistete es jedoch gute Dienste. Sie verstanden noch, auf wen und warum Plavius anspielte. Es war Teil einer spielerischen Aneignung kultureller Werte, die noch nicht ganz als die eigenen empfunden und daher immer ironisch hinterfragt wurden vom Standpunkt des Danziger Bürgertums.

Die Methode, Literatur durch Ironie einzubürgern, geht nicht erst auf Plavius zurück. Viel früher schon, in seiner Deutschen Poeterey, handelt Martin Opitz ähnlich. Opitzens erstes Beispielsonett, das Sonett Tyndaris, ist nicht einfach eine Übernahme petrarkistischer Liebeslyrik, sondern Parodie darauf. Dass Opitz es seinen Ronsard-Übertragungen voranstellt, beweist die Bedeutung, die er ihm einräumt: Die Deutsche Literatur soll nicht unkritisch nachahmen, sie darf und muss darüber hinausgehen, und das kann durch Ironie geleistet werden.

Plavius befolgt somit Opitzens Vorschläge, wenn er seine Quellen nicht einfach imitiert, sondern ihnen neue Bedeutungen zuweist. Er kann sich nicht mehr damit begnügen, einfach Anti-petrarkistisch zu sein, denn das sind schon seine Vorlagen (z. B. Opitz und Cats). Daher spielt er mit beiden Strömungen. Trawr=Gedichte >>


1Siehe Sartor, S. 60. - da Sartor die Zählung der Gedichte der Abschrift Sallets entnimmt, die heute nicht mehr vorliegt, ist es schwierig, die betreffenden Gedichte den Daten zweifelsfrei zuzuordnen. Einige Daten Sartors (z. B. 31. April 1627) erscheinen ohnehin als unmöglich.

2Vgl. Sartor, S. 59.

3Die beiden Gedichte finden sich in ihrer ursprünglichen Form im Kasualdruck auf J. G. Moeresius und Regina Nuber aus dem Jahr 1626 (vgl. Sartor S. 15). Neben dem Vierzeiler des Plavius finden sich als einzige deutschsprachige Verse auch ein "Rätsel" des Brautvaters Konrad Nuber, der zu dieser Zeit also nicht schon tot sein konnte, wie Stekelenburg behauptet (vgl. Stekelenburg, S 54).

4Die Stelle findet sich natürlich auch in der berühmteren Bergpredigt bei Mt. 7,7 - allerdings in einer Abwandlung. Nicht nur hier wird sichtbar, dass Plavius auch von Lukas zitiert.

5Tatsächlich entspricht auch das Metrum von Nr. 33 einer beliebten Kirchenliedstrophe, Vgl. Frank, S. 531f.

6Astronomische Spielereien finden sich bei Plavius sonst nicht - trotz Beziehungen zu Peter Crüger und zur Familie Höwelcke (Hevelius). Das Motiv dazu hat Plavius wohl einem der vielen astrologischen Gedichte des Bloem-Hof entnommen.

7Man beachte den Titel. Plavius verweist darin selbst auf die Scherzhaftigkeit einiger der vorigen Epithalamien.

8Vielleicht handelt es sich aber auch um eine Inschrift eines kleinen Geschenkes, dass Plavius jemand anderem machte.

9Diese Angabe befindet sich auch fast wörtlich in der Zeevschen Nachtegael, vgl. Van Dis, S. 29.
Auch Michael Albinus dichtete auf diesen Anlass einige Gedichte, unter anderem eine Zeitklage und ein "Deutsch Sapphicum". Leider ging dieser Druck 1943 verloren. Vgl. Stekelenburg, S. 282f.

10Eine tabellarische Auflistung aller Formen der Trauer- und Treugedichte findet sich weiter unten im Kapitel 11. Tabellarischer Anhang.

11So löst beispielsweise Manheimer den Wiederspruch zwischen dem Klassizismus eines Opitz und Heinsius, und dem manieristischen Stil des Plavius auf. Vgl. Manheimer, S. 130.

12J. J. Starter, Friescher Lusthof, Bd. 1, S. 27-28.

13Die Melodie geht auf Sir John Packington zurück, einen Musiker am Hofe Elisabeths I. von England. Vgl. Veldhuysen, S. 15.

14Starter, Bd. 1 S. 48.

15Zur Melodie vgl. Veldhuysen, S. 17.

16Auf die "Musikalität" des Plavius ist schon oft hingewiesen worden (vgl. Kindermann, S. 25). Man hat dies allerdings nie wörtlich aufgefasst - selbst wenn Plavius, wie am Ende des drähe=tanzes selbst darauf hinweist: "So spring ich mit singen und klingen in d'eh" (vgl. ebd. S. 27f).

17Weitere Übernahmen aus dem Frieschen Lust-Hof sind das Anapestico-jambicum (Nr. 10.5), dass ganz offensichtlich auf die Melodie Kids Alemande, &c. zurückgeht (vgl. Starter, S. 153, Veldhuyzen, S. 31) sowie Treugedichte Nr. 20 (Vgl. Veldhuyzen, S. 33).

18Auf das untervokalische Schwinden von b und g hat zuerst Manheimer hingewiesen. Vgl. Manheimer, S. 70.

19Vgl. Sartor, S. 9.

20Vgl. ebd., S. 11.

21Der Hinweis auf den selbstverlag muss natürlich nicht auf Plavius zurückgehen, sondern kann genausogut durch Rhete angefügt worden sein.

22Gegen die Epipher stellt sich das Verbot identischer Reime. Epiphern können daher nicht am Versende stehen, sondern nur innerhalb eines Verses. Auch dort geraten sie unter den Verdacht, mißratene Binnenreime zu sein.

23Vgl. dazu die Entwicklung des Refrains im oben genannten Drähe-tanz (10.2). Aber auch noch im Abschlussgedicht der Lehrsonnette geht Plavius so vor.

24Vgl. Sartor, S. 72.

25Einzige Ausnahme: Im Sonnet: Nr. 14 kann Cupido gegen den "pantzer" des Bräutigams nichts ausrichten.

26Medizinische Mittel tauchen in den Treugedichten Nr. 4, 10.5,11, 22, 30.2 (Galenus). Die Beschreibung der Liebe als Krankheit und der geliebten als Medizin ist nicht neu. Das Spiel mit dem Namen der Heilpflanze "Augentrost" findet sich auch schon ihm Bloem-Hof. Neu dagegen ist die Extreme Opposition, die Plavius zwischen der Liebe als Krankheit und der Liebe als Medizin aufbaut, und die Heilung des einen durch das andere.

27Vgl. Nederduytsche Poemata, S. 51, sowie im Bloem-Hof, S. 5.

28Vgl. Nederduytsche Poemata, S. 77*-84*. Dort wird die Wirkungsgeschichte des Heinsius-Gedichtes kurz referiert, unter anderem mit Bezug auf Plavius. Vgl. auch Bornemann, S. 177f.

29Ganz abgesehen von dem gewaltigen Motivschatz der lateinischen Dichtung.

30Vgl. Starter, Friesche Lust-Hof, S. 29

31Ob Plavius sie von Opitz oder direkt vom Bloem-Hof übernommen hat, sei dahingestellt. Die Melodie findet sich auch im Frieschen Lust-Hof (vgl. Veldhuyzen, S. 78).
Es ist anzunehmen, dass das Lied bei der Erstaufführung durch Plavius, also der Hochzeit, gesungen wurde. Denkbar ist sogar ein richtiger Sprecher bzw. Sängerwechsel.

32Mit dieser setzt Plavius die Thematik in 9.1 und 9.2 dann auch fort. Das zweite Diana-Lied Auf vorige weise: (Nr. 9.2), greift 8.2 quasi antistrophisch wieder auf. Alle 14 Strophen von 8.2 werden von der Sprecherin Cinthia einzeln wiederlegt, weitere 6 Strophen bläuen den Zuhörern ein, dass der Ehestand nur gute Seiten hat - dadurch kippt die Polemik der Cinthia selbst wieder in eine Parodie um. Eigenartig wirkt der Gegensatz Diana - Cinthia auch deswegen, weil Cinthia ein Beiname der Diana ist. Diana und Cinthia sind in der Mythologie identisch, bei Plavius aber Opponenten.

33Vgl. Bornemann, S. 187-189.

34Simon de Beaumont wird von Plavius auch im vorletzten seiner Treugedichte erwähnt. Dort wird auch ein Bezug von Plavius zu den Niederländern (der Stadt Middelburg) sichtbar.

35Zeeusche Nachtegael II, S. 10f. Zitiert nach Bornemann, S. 188.

36Vgl. Starter, S. 153.

37Vgl. Bornemann, S. 193f.